Vogelfrau

Margit Huch

Landart

1

In Memoriam

2

Erdkleider

3

Mnemosyne

 
2

Baum-Mensch-Baum

 
schließen X

In Memoriam

64 Totholzäste, roter Ocker, Sand, 3-4 m hoch, 24 x 24 m

Ockerrot gefärbte Äste sind die dominanten Elemente für die serielle Skulptur von Margit Huch. Es sind diese baumähnlichen Äste offenbar nach Unterschiedlichkeit, nicht aber nach Originalität ausgesucht. Das Ensemble ist in einem strengen geometrischen Raster positioniert, der einzelne Ast aber ist nicht uniform — 64 Individuen. Die Anordnung verrät, dass es hier weniger um eine “kunstvolle“ Komposition bizarrer Astgabelungen geht, also nicht vordergründig um Formales, sondern um einen klar definierten Inhalt:

Kalligrafisch anmutende Zeichen, skulptural, individuell — Vertrocknetes, überzogen mit ockerroten Pigmenten, würdevolles und gleichberechtigtes Nebeneinander. Jeder Ast wird von einer kegelförmigen Sandanhäufung umgeben. Hügel aus Erde gibt es einige auf Amrum — bronzezeitlich und wikingerzeitlich. Sie bergen Tote aus jener längst vergangenen Zeit. So zitieren Margit Huchs Sandkegel diese Grabhügel — Grabhügel für vom Aussterben bedrohte oder gar schon ausgestorbene Lebewesen.

Wir erinnern uns an diesem Ort an Ölkatastrophen, Überfischung, Kies- und Sandabbau, die den natürlichen Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen bedrohen und zerstören.

Es ist diese Arbeit von Margit Huch also auch eine politische Arbeit — ein umweltkritisches Kunstwerk, das zum Widerstand mahnt gegen kommerziell ausgerichtete und gedankenlose Skrupellosigkeit. Es besteht möglicherweise die Vorstellung, dass diese Kunst, weil sie kritisch ist, nicht als lustvoll oder schön erlebt werden kann. Dem ist nicht so! Margit Huch lässt Raum, die 64 Stelen unter rein ästhetischen Aspekten zu betrachten.

Joachim Mocka

Ocher red colored branches are the dominant elements for the serial sculpture by Margit Huch. These tree-like branches seem to be different but not original. The ensemble is positioned in a strict geometric grid, but the single branch is not uniform - 64 individuals. The arrangement reveals that this is less about an "artful" composition of bizarre branches, not superficially formal, but about a clearly defined content:

Calligraphic-formed characters, sculptural, individually - withered, covered with ocher-red pigments, dignified and equallly associated. Each branch is surrounded by a conical sand accumulation. There are some mounds of earth on Amrum - Bronze Age and Viking Age. They hide the dead from that long ago time. Thus Margit Huchs Sandkegel cite these grave mounds - burial mounds for endangered or even already extinct creatures.

In this place we remember oil spills, overfishing, gravel and sand mining that threaten and destroy the natural habitat of animals and plants.

It is this work by Margit Huch also a political work - an environmentally critical work of art, which calls for resistance against commercially oriented and thoughtless unscrupulousness. There is a possibility that this art, because it is critical, cannot be experienced as pleasurable or beautiful. This is not so! Margit Huch leaves room to look at the 64 steles under purely aesthetic aspects.

Joachim Mocka

schließen X

5 Erdkleider im Wald

Jute, Erde aus aller Welt, 240cm x 240 cm

In der Installation „5 Erdkleider im Wald“ hat sich die Erde mit den Mitteln der Kunst in die Vertikale erhoben, um mehr Natur einzufordern. Erde aus aller Welt ist, hier in Kleidergestalt, ein Medium der Erinnerung. In ihr birgt sich jegliche Geschichte.

Die Kleider bestehen aus einem Eisengerüst, Jute, und Erden aus aller Welt. Naturmaterialien, die von weit kommend, an diesem besonderen Ort der Natur zurückgegeben wurden.

Erinnerungen aus anderen Zeiten und fernen Weltgegenden verbinden sich mit der vorgefundenen Natur zu einem magischen Ort.

In the installation "Five Earth Cloths in the Woods", the earth has risen vertically, using the techniques of art, to petition for more nature. Earth from all over the world, here in the shape of a dress, is a medium of remembrance. Its form holds history in its entirety.

The garments are comprised of an iron scaffolding, jute, and earth from all over the world. Natural materials, from far and wide, have been returned to nature in this special place.

Memories from other times and distant places, together with the nature available here and now, combine to form this magical place.

schließen X

Mnemosyne

Holz, Erde aus aller Welt, Steine, 270 cm

Mnemosyne war die Mutter der Musen und die Quelle der Erinnerung am Tor zur Unterwelt in den griechischen Mythen. Sie wird auf geheimnisvolle Weise von Lethe, der Quelle des ewigen Vergessens, gespeist. Wer aus ihr trinkt, verbindet sich mit uraltem Wissen. Wer den Töchtern zuhört, schöpft das Wasser des Menschseins (siehe "Neun Musen").

In der Installation "Mnemosyne" ist nicht das Wasser Medium der Erinnerung, sondern Erde aus aller Welt. In ihr birgt sich jegliche Geschichte, jedes Wesen, das die Erde bewohnt hat, ist wieder in sie zurückgekehrt. Kulturrelikte sind in ihr verborgen. Je tiefer die Erdschicht liegt, desto älter ist die Erinnerung. Die Erde erinnert Naturkatastrophen ebenso wie den oft katastrophalen Eintrag der heutigen Menschheit.

Interessant an der Installation im Erlen-Bruchwald ist das Spannungsverhältnis zwischen organisch gewachsener Vegetation und den klar gegliederten senkrechten Stelen, sowie zwischen dem Grün der Blätter und den sanften Rot- Gelb- und Brauntönen der verschiedenen Erden.

Mnemosyne was the mother of the Muses and the source of memory of the gateway to the underworld in Greek myths. It is mysteriously fed by Lethe, the source of eternal oblivion. Those who drink from it combine with ancient knowledge. Those who listen to the daughters pour the water of humanity.( see „Nine Muses“).

In the installation "Mnemosyne" water is not the medium of remembrance, but earth from all over the world. In it, every history harbors, every being that inhabited the earth has returned to it. Cultural relicts are hidden in it. The deeper the layer of the earth lies, the older the memory. The earth recalls natural disasters as well as the often catastrophic entry of today's humanity.

An interesting feature of the installation in the alder forest is the tension between organically grown vegetation and the clearly structured vertical steles, as well as between the green of the leaves and the soft red, yellow and brown tones of the different earths.

schließen X

Baum-Mensch-Baum

Eisen und 2-jährige Linde

2019

2020

2021

2022

2023

Die Arbeit „Baum-Mensch-Baum“ kann als Sinnbild für den heutigen Umgang des Menschen mit der Natur verstanden werden. Überall wird die Natur auf verschiedene Weise begrenzt, verstümmelt, ausgerottet. Das hat oft verheerende Auswirkungen auf die uns umgebenden Lebewesen, auf ihr ureigenes Lebensrecht und ihre Würde, auf Vielfalt und im weiteren Sinn auf die Schönheit unseres Planeten und den mentalen Zustand der ihn bewohnenden Menschen. Nicht umsonst gibt es diese romantische Sehnsucht nach dem heilen Landleben, in gewisser Weise nach dem verlorenen Paradies.

Formal steht in dieser Arbeit die mathematische Form des Würfels, die nur in der Größe variiert werden kann, sonst keine Veränderung zulässt, gegen den natürlichen Wuchs des Baumes, der zu jeder Zeit unendlich viele Möglichkeiten hat, sich den Gegebenheiten anzupassen. Ein Spannungsverhältnis entsteht, das vom Heute in die Zukunft weist, die Zeit und das Wachstum des Baumes als Gestaltungselemente mit einbezieht. Das Kunstwerk wird sich langsam, aber stetig verändern. Je mehr Zeit vergeht, desto interessanter wird die Arbeit. Erwünscht ist, dass der Baum durch sein lebendiges, natürliches Wachstum aus der konstruierten Begrenzung herauswächst und seinem Gefängnis damit eine Art Bedeutungslosigkeit zuweist, in der es für das Leben des Baumes keine Rolle mehr spielt.

Von einer anderen Seite betrachtet kann die Arbeit als Symbol für die Koexistenz von Mensch und Natur gesehen werden: Je weiter der Abstand zwischen den Gitterstäben gedacht wird, desto mehr Raum wird frei für das Hindurchwachsen, die natürliche Entwicklung des Baumes. Genau das gehört zu den Konzepten ökologischer Landwirtschaft: Raum zu lassen für Wildpflanzen und ihre tierischen Nutzer wie Insekten oder Vögel.